Kopie Titelthema aus dem Schützenbruder 03/17
Orientierungsrahmen
des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften
mit Beschlussempfehlungen für die Bundesvertreterversammlung 2017
Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften ist Teil der Kirche.
Der christliche Glaube hat in unserer Gesellschaft weitgehend seine Selbstverständlichkeit verloren. Viele kennen ihn nicht mehr oder haben sich – oft schleichend – vom Glauben und/oder der Kirche entfernt. Gerade angesichts mancher Gleichgültigkeit und Distanziertheit gegenüber dem christlichen Glauben und der Kirche stehen wir als Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften verbindlich zum christlichen Glauben und zu unserem Status als Gemeinschaft in der katholischen Kirche. Dies zeigt sich auch im Eintreten für den Schutz des Sonntags und der gemeinsamen Feier von Gottesdiensten. Nicht nur im Amt des Präses und des geistlichen Begleiters findet unsere Verbindung mit der Kirche ihren Ausdruck. Da zwischen allen Getauften „eine wahre Gleichheit an Würde und Tätigkeit“ herrscht (Konzilsdokument „Lumen gentium“ LG Art. 32 / Kirchenrecht: can. 208 CIC), stehen wir auch öffentlich verlässlich zu unserer Kirche und tragen in den Gemeinden ihr Leben mit.
Im Geiste der Ökumene haben Mitglieder anderer christlicher Konfessionen, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehören, in unserem Bund die gleichen Rechte und Pflichten.
Wesentlich für uns ist der Anspruch des guten, an christlichen Werten orientierten Miteinanders in Kirche und Gesellschaft. Ausgrenzung, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit – aus welchem Grund auch immer – widersprechen den tragenden christlichen Grundsätzen der Bruderschaften. Dabei stehen wir zur besonderen Verantwortung für Menschen, die einsam oder heimatlos sind. Unser soziales Engagement, unser gemeinschaftliches Leben, unsere Feste, unsere sportlichen und musikalischen Aktivitäten können ein Beitrag zum Aufbau von Heimatverbundenheit für viele Menschen sein. Wir wollen ausstrahlen und einladend sein, um auch Menschen, die auf der Suche nach Gott sind, eine Heimat zu bieten.
Den Glauben leben
Wir glauben an den Gott, der die Liebe ist, und der in Liebe zu uns Menschen steht. Jeder/Jede hat durch Taufe und Firmung Anteil an dieser Sendung. Gemeinsam haben wir den Auftrag, die Welt im Sinne Jesu um- und neuzugestalten. Die Verkündung der Frohen Botschaft und die Umsetzung dessen, woran wir glauben, lebt vor allem vom Zeugnis der Christen. In der Bibel werden wir aufgefordert: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt (1 Petr 3,15).“
Die Kirche und damit auch wir als Bund mit unseren Bruderschaften sollten im Einzelfall die Möglichkeit bieten, dass auch Nichtglaubende und Suchende ihren Platz bei uns finden. Unsere Bruderschaften können durch ihre gesellschaftlichen Aktivitäten auch Menschen erreichen, die für die Gemeindepastoral nur schwer erreichbar sind.
Das Zweite Vatikanische Konzil sieht die Kirche nicht als etwas Statisches, sondern vor allem als pilgerndes Volk Gottes, in dem jede und jeder Getaufte
Charismen – d.h. besondere Talente und Gaben – geschenkt bekommen hat, durch die jede und jeder etwas Kostbares und Unverwechselbares beizutragen hat zum Leben der Kirche und ihrer Sendung in dieser Welt. Die Mitgliedschaft in der Kirche wird durch das Sakrament des Glaubens, die Taufe, konstituiert. Sie findet ihre Ausprägung und Aktivierung im christlichen Bekenntnis und Zeugnis.
Getaufte und Ungetaufte
Vor einer Mitgliedschaft muss sich jeder/ jede prüfen, ob er/sie als Mitglied einer Bruderschaft die christlichen Grundsätze vertreten kann. Wer aus der Kirche ausgetreten ist und durch diesen Schritt seine Nichtzugehörigkeit zur konkreten kirchlichen Gemeinschaft öffentlich ausgedrückt hat, kann sich kaum glaubhaft um die Mitgliedschaft in einer christlichen Bruderschaft bewerben. Wir erleben aber oft, dass der Getaufte, aber aus der Kirche Ausgetretene, sich zwar von der verfassten Kirche, aber nicht unbedingt vom Glauben abgewendet hat. Eine Einzelfallprüfung kann zeigen, ob trotz kirchenaustritt die Voraussetzung für eine christliche Ausrichtung gegeben und damit die Mitgliedschaft in einer Bruderschaft möglich ist.
Bruderschaften sollten auch Menschen, die ungetauft sind (auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften), im Einzelfall eine Mitgliedschaft ermöglichen können. Voraussetzung dafür ist, dass Ungetaufte im bruderschaftlichen Leben die Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in der Bruderschaft und der Öffentlichkeit zur Geltung zu bringen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und ihrem Verhalten die Glaubwürdigkeit der Bruderschaft als Gemeinschaft in der katholischen Kirche nicht in Frage stellen. Als Christen sehen wir in jedem Menschen ein Geschöpf Gottes und begegnen
ihm mit Achtung! Dies bedeutet: Jeder Mensch ist mein Bruder, meine Schwester, mit der gleichen Würde ausgestattet wie ich selbst. Dies erfordert einen entsprechenden Umgang mit ihm, über den ich Gott verantwortlich bin. Mit Blick auf Zuwanderung und Migration ist wichtig, dass wir als Christen keineswegs ausgrenzen. Wir dürfen allerdings bei aller Offenheit und Toleranz unser eigenständiges, christliches Profil nicht in Frage stellen.
Beschlussvorschlag: Aus der Kirche ausgetretene Getaufte oder Nichtchristen (auch Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften) können nach eingehender Prüfung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung in eine Bruderschaft aufgenommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Bewerber um die Mitgliedschaft zu den christlichen Zielen des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften bekennen und ihr Bekenntnis glaubhaft machen. Die Einzelfallprüfung setzt ein offenes und ehrliches Aufnahmegespräch voraus, in das möglichst auch der Präses oder ein geistlicher Begleiter der Bruderschaft einbezogen wird. Führt die Einzelfallentscheidung zur Aufnahme in die Bruderschaft, ist die Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten gegeben. Das bezieht die Möglichkeit mit ein, auf allen Ebenen des Bundes die Königswürde zu erringen. Einschränkungen bestehen allerdings für Ämter mit besonderer, auch inhaltlicher Verantwortung (gesetzlicher Vorstand gem. § 26 BGB einer Bruderschaft sowie alle Vorstandsämter auf Bezirks‑, Diözesan- und Bundesebene). Hier ist die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche Grundvoraussetzung.
Sexuelle Orientierung
Die sexuelle Orientierung eines Menschen gehört zu seiner Persönlichkeit und Identität und ist für die Aufnahme in eine Bruderschaft unerheblich. Homosexuelle Schützenbrüder und Schützenschwestern haben daher selbstverständlich alle Mitgliedsrechte und Mitgliedspflichten, einschließlich der Möglichkeit, die Königswürde auf allen Ebenen des Bundes zu erringen.
Repräsentanten auf allen Ebenen unseres Verbandes, als Majestäten oder als Vorstandsmitglieder, müssen – unabhängig von ihrer sexuellen Prägung – durch ihr öffentliches Auftreten zum Ausdruck bringen, dass sie die Grundsätze des christlichen Glaubens mittragen. Das öffentliche Auftreten eines gleichgeschlechtlichen Königspaares regelt jede Bruderschaft nach ihrer historischen Tradition und dem eigenen Selbstverständnis. Vorgaben / Empfehlungen des Bundes der Historischen
Deutschen Schützenbruderschaften gibt es dazu nicht.
Im Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften entspricht es bislang der allgemeinen Übung, dass ein Schützenkönig oder eine Schützenkönigin
entweder alleine oder als Königspaar, bestehend aus Mann und Frau, auftritt. Die Bundesvertreterversammlung hatte daher am 11.03.2012 beschlossen: „Die Bundesvertreterversammlung beschließt, dass Schützenkönige und Schützenköniginnen im Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften entweder allein auftreten oder eine Begleitung des jeweils anderen Geschlechts wählen können. Gleichgeschlechtliche Königspaare sind demnach nicht zugelassen.“
Beschlussvorschlag: Der v.g. Beschluss der Bundesvertreterversammlung vom 11.03.2012 wird aufgehoben.
Leitungsverantwortung
Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften ist den christlichen Werten verpflichtet. Eine unverzichtbare
Rolle kommt jenen zu, die in einer leitenden Verantwortung für die Bruderschaft stehen. Sie sind unentbehrliche Vermittler unserer Ziele mit dem Leitmotiv „Für Glaube, Sitte und Heimat“ in ihrem Lebensumfeld. Sie sind zudem Bezugsperson für die Beziehung der Mitglieder untereinander. Schließlich sind sie auch Träger der Außenbeziehungen der Gemeinschaft. An ihrem Wort und Verhalten müssen Ziele und Lebensregeln der Bruderschaft ablesbar sein. Um der Wirksamkeit und des Zusammenhalts willen muss an ihre Identifikation mit den Zielen unseres Leitmotivs ein besonderer Anspruch gestellt werden.
Unsere Mitgliedsvereinigungen leben die christliche Tradition. Die christliche Ausrichtung und das Selbstverständnis, Teil einer Glaubensgemeinschaft zu sein, verpflichten den Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften und seine Mitgliedsvereinigungen, die verantwortlichen Repräsentanten auf die besondere Aufgabenstellung vorzubereiten und zu begleiten. Für Ämter (gesetzlicher Vorstand gem. § 26 BGB) mit inhaltlicher Verantwortung ist eine besondere Begleitung und Schulung anzubieten. Wer inhaltliche Verantwortung übernimmt, muss Mitglied einer christlichen Kirche sein.
Beschlussvorschlag: Für Ämter mit besonderer, auch inhaltlicher Verantwortung (gesetzlicher Vorstand gem. § 26 BGB einer Bruderschaft sowie Vorstandsämter auf Bezirks‑, Diözesanund Bundesebene), ist die Zugehörigkeit zur einer christlichen Kirche, die der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehört, Grundvoraussetzung. Deshalb sollten Brudermeister (und in ihrer Aufgabenstellung vergleichbare Funktionsträger) neben dem durch Zugehörigkeit nachgewiesenen Bekenntnis zu einer der genannten Kirchen eine qualifizierte Vorbereitung und Begleitung erhalten können.
Größere Entscheidungsfreiheit setzt eine Selbstverpflichtung voraus
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Entscheidungsfreiheit der Bruderschaften vor Ort gestärkt wird. Damit
verbunden ist ein erhöhtes Maß an Verantwortung, das christliche Profil der Bruderschaft zu erhalten.
Unverändert gelten diese wesentlichen satzungsrelevanten Grundsätze:
- Mitglied können Personen christlicher Konfession werden, die unbescholten und bereit sind, sich auf den Inhalt dieser Satzung zu verpflichten.
- Die Schützenbruderschaft ist eine Vereinigung christlicher Personen. Nichtkatholische Mitglieder verpflichten sich mit der Aufnahme in die Schützenbruderschaft grundsätzlich auf deren christlichen Grundsätze.
- Mit der Aufnahme in die Schützenbruderschaft und durch die Anerkennung dieser Satzung verpflichten sich die Mitglieder auf die christlichen Grundsätze und zur christlichen Lebenshaltung
Jede Bruderschaft entscheidet für sich, ob sie von den erweiterten Befugnissen / Möglichkeiten Gebrauch macht. Eine
Verpflichtung dazu besteht nicht. Entscheidend dafür sind die örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse. Das wird dazu führen, dass insbesondere die Aufnahme von Mitgliedern in den Bruderschaften nicht länger einheitlich geregelt wird. Aufgrund örtlicher Gegebenheiten werden wir eine „gewisse Ungleichzeitigkeit“ aushalten müssen. Bruderschaften, die sich im Rahmen der neuen Möglichkeiten stärker öffnen wollen, können darüber frei entscheiden. Wer bei den angestammten Regelungen bleiben will, kann weiterhin so verfahren.